2008

lorem ipsum

Eine Ausstellung des Berufsverbandes Bildender Künstler, Landesverband Bayern, im ehemaligen Siemensgebäude, München

Alle, die mit Schrift umgehen, wissen es: lorem ipsum ist das Synonym für Blindtext. Dazu sind hier einige Bemerkungen zusammengetragen. Der Text stammt aus einem Abschnitt von Ciceros Werk „De Finibus Bonorum et Malorum“, das im Jahr 45 v. Chr. geschrieben worden ist. Als Blindtext verwendeten ihn erste Buchdrucker etwa ab dem sechzehnten Jahrhundert. Sie erstellten Verzeichnisse der von ihnen geschnittenen Schriften und begannen zu prüfen, wie ein günstiger Satzspiegel aussieht. Überraschend ist die Auswahl genau dieses Abschnittes. Man glaubte darin lange Zeit völlige Beliebigkeit zu erkennen beziehungsweise hielt man eine sogenannte tote Sprache angemessen für den Zweck. Latein war durch das Frühneuhochdeutsch abgelöst worden. Als Sprache stand es nur zwischen dem Mittelhochdeutschen und Hochdeutschen, fiel aber in einen derart wichtigen geschichtlichen Abschnitt, dass es eigens erwähnt wird. Selbst Luthers Bibelübersetzung war noch darin gehalten.

Der Abschnitt lorem ipsum wurde erst in den sechziger Jahren zugeordnet. Ein nordamerikanischer Lateinlehrer hatte sein halbes Leben lang danach gesucht, mehrfach andere Abschnitte bei Cicero im Sinn gehabt und war nach seiner Pensionierung auf die Lösung gestoßen. In wörtlicher Übersetzung bedeutet der originale Abschnitt, aus dem lorem ipsum als verstümmelter Rest entnommen ist: „Es gibt niemanden, der den Schmerz selbst liebt, der ihn sucht und haben will, einfach, weil es Schmerz ist … .“

Nitrofrottage auf Graupappe

Die Verwendung des Blindtextes beruht auf einer wahrnehmungspsychologischen Feststellung. Der Leser ist geneigt, dem Entziffern eines Textes den Vorzug zu geben. Es fällt ihm daher schwer, das Layout zu prüfen, ohne sich beeinträchtigen zu lassen. Wird dieser Blick enttäuscht, wendet er sich der Form zu.

Etwa ab dem Jahr 1960 wurde lorem ipsum in Letrasets verwendet, was als weiterer Sprung in die Moderne gedeutet wird, und heute gibt es im Internet sogar kostenlose Textgenerier-Programme, die einen beliebig langen (sinnlosen) Text erstellen. Man muss nur die Anzahl der Worte und Absätze und so weiter eingeben. Verwendet wird der Blindtext heute im Graphikdesign und im Buchsatz. Das Besondere ist, dass verschiedene Sprachen unterschiedliche Satzbilder erzeugen. Beispielsweise schreibt die deutsche Sprache alle Hauptwörter groß.

Das Wandbild bezieht sich auf die instrumentelle Besamung. Sie wird, soweit ich weiß, seit den siebziger Jahren angewendet. Die Königin wird festgeschnallt, ihr wird ein gläsernes Röhrchen in den Hinterleib gesteckt und ausgesuchter Drohnensamen eingespritzt.

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Holzmodell Bienenkasten

Im Jahr 2008 saß ich im Atelier und baute das Modell eines Bienenkastens. In welchem Verhältnis er zum Original steht, das ich am Stand verwende, ist nicht ganz klar. Das Modell hat eine Breite von zehn Zentimetern. Der Rest ist maßstabsgetreu ausgerichtet, vermutlich etwa in der Proportion 1 : 5,5. Damals leimte und schmirgelte und lackierte ich tage- und wochenlang herum, wobei mich wieder die Materialfrage bewegte. Das Arbeiten, stellte ich fest, ging einher mit dem Nachdenken. Das Modell besteht natürlich aus Holz, genauer aus schichtverleimter Birke.

Es ist komplex, und man müsste Einiges in Bewegung setzen, um es abzuformen und zu gießen, obwohl mir genau die Vervielfältigung dabei im Sinn lag. Für mich ist es aufgeladen mit der Frage, wie ein hölzerner Bienenkasten, dessen Gewicht reduziert ist, konstruiert sein müsste. Zuerst hatte ich Franz jahrelang damit genervt, dann mich selbst. Danach diskutierte ich das Thema mit einem Freund rauf und runter. Wir nahmen es immer wieder auf, doch wir fanden erst im Jahr 2015 eine erste Antwort.

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